400 km auf der Duna (Donau) von Budapest nach Novi Sad

Gruppenfoto Donau 2012

37. Trimmfahrt vom 31.08. - 08.09.2012

Wie schon so oft beginnt auch diese Trimmfahrt mit einem Problem: Diesmal funktioniert die elektrische Beleuchtung zum Anhänger nicht. Nach eigenen Bemühungen, diesen Defekt zu beheben und nach zunächst erfolglosen telefonischen Kontaktversuchen mit dem Fahrzeug-Vermieter, gelingt es uns - mit  zwei Stunden Verspätung  - die Anreise in den Balkan zu starten. Wir erhalten nach einigen Hin und Her kostenneutral einen zweiten Kleinbus für den defekten PKW gestellt.

10 Männer ziehen nun aus, um den ihnen noch fehlenden 400 km-Flussabschnitt  zwischen Ulm und dem „Еisernen Tor“ auf der Donau in Ungarn und Serbien  zu schließen. Wir hatten in den Vorjahren auf der Donau schon mehrere Fahrten durchgeführt. Geplant ist, in voraussichtlich 3 Jahren (auf der dann 40. Trimmfahrt) den noch  restlichen Flussteil (mit insgesamt 930 km) bis zur Donau-Mündung (Delta) zu berudern, d.h. das „Schwarze Meer“ im Ruderboot zu erreichen. Ein stolzes Ziel: Eine sogenannte „Мachbarkeitsstudie“ hat inzwischen  Mathias dazu angefertigt; unser FL Ralf St. will verschiedene Alternativen  noch überlegen bzw. ausarbeiten. Die diesjährige Strecke hatte Mathias im Vorjahr mit dem Fahrrad abgefahren und viele Stationen unter die Lupe genommen und danach diese Fahrt organisiert. Seine Kenntnisse  erleichtern uns eine sinnvolle Tages-Einteilung und günstige Einsetz- bzw. Lagerungsmöglichkeiten für die Boote zu finden sowie die Übernachtungs-Quartiere (Campingplätze, Ruder- und Kanuclubs) festzulegen.

Anreise und die ersten Rudertage in Ungarn

Nach rund 12 Stunden Fahrt erreichen wir bei teilweise regnerischem Wetter und  mehreren kurzen Stopps am Samstagmorgen gegen 8.30 Uhr den "Külker RC" in Budapest, der am nördlichen Stadtrand der ungarischen Hauptstadt liegt. Unser Doppel-Vierer „Helene B.“ und den steuermannslosen Dreier „Staffelsteiger“ (mit Außenspiegeln) riggern wir auf und nach dem gemeinsamen Frühstück werden die Boote am Steg des Ruderclubs zu Wasser gelassen.

Etappenplan

TAG
START
ZIEL
KM
Fr Esslingen Budapest/H ca. 910 km
Sa Budapest/H Racalmas/H 68 km
So Racalmas/H Gerjen/H 71 km
Mo Gerjen/H Mohacs/H (RC) 68 km
Di Mohacs/H (RC) Apatin/SRB (Hafen) 52 km
Mi Apatin/SRB (Hafen) Vukovar/HR (RC) 68 km
Do Vukovar/HR (RC) Novi Sad/SRB (RC) 78 km
Fr Novi Sad/SRB (RC) Wien RV Donauhort ca. 550 km
Sa Wien RV Donauhort Esslingen ca. 650 km
    Ruderstrecke gesamt 405 km

Zunächst rudern wir durch Budapest. Es geht am gewaltigen Parlamentsgebäude vorbei, dann folgt der Burgberg mit der berühmten Fischerbastei, die Matthiaskirche und etwas später die berüchtigte Zitadelle. Schließlich wird die bekannte Kettenbrücke unterquert. Nach einem größeren  Industriegebiet gelangen wir in die weite und topfebene Tiefebene (Puszta) mit bewachsenen Sandhügeln an beiden Flussufern. An beiden Donauseiten gibt es mehrerer größere und kleinere Naturschutzgebiete.

Die Mittagsrast des ersten Tages legen wir an der Fähre Ovaros ein. Der Fährmann weist uns freundlich auf eine geeignete Stelle zum Anlanden für die Boote oberhalb der Fähre hin. Er gibt uns weiter noch Auskunft über die nächste Einkaufsmöglichkeit im Ort. Hier und überall in Ungarn, Kroatien und Serbien stoßen wir auf eine uneingeschränkte Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft der Bevölkerung. In der kleinen Bucht vor Racalmas Duna in Kulcs lagern wir am ersten Abend die Boote am Ufer und die Skulls u.a. Boots-Ausrüstungen in einem Vorgarten eines freundlich deutschsprechenden Ungarns. Unser Quartier für 2 Nächte ist der Campingplatz in Dunaföldvar. Gleich am ersten Abend zeigt sich eine fröhlich-lockere Stimmung. Jeder weiß, wo  er zugreifen kann. Das abwechslungsreiche Essen mundet allen auf der gesamten Fahrt vorzüglich. Unter den Wanderruderern gibt es wahrlich Spitzenköche; die niederen Arbeiten werden von freiwilligen Helfern übernommen.

Der Ruder-Sonntag startet mit herrlichem Sonnenschein, so dass die Trimmfahrt zu einer Schweißfahrt wird. Auf dem Fluss begegnen wir nur wenigen Schiffen. Dieser Landstrich ist dünn besiedelt; wir nehmen nur wenige Orte oder Menschen am Ufer wahr. Wir träumen beim Gleichklang der Ruderarbeit vor uns hin und genießen die Stille und die Wärme. Wasserflaschen sind sehr begehrt. Wir passieren das KKW von Paks. Unser Halbtagesziel ist Bölcske; die Fähre Gerjen ist das Endziel für diesen Tag.

Die nächste Etappe ist der letzte Tag in Ungarn. Mittags finden wir einen Schattenplatz bei der Brücke von Baja, denn es ist wieder sehr sonnig. Baja ist eine sehenswerte Stadt, die vor  zwei Jahrhunderten besonders von Donauschwaben besiedelt wurde. Bekannt wurden damals ihre schwerfälligen Holzzillen, die sog. „Ulmer Schachteln“.

Kurz vor Mohacs, die letzte ungarische Stadt vor der Grenze nach Serbien, wird der Dreier von der Grenzpolizei (vom  Ufer aus) und der Vierer durch ein Patrouillenboot aufgefordert, die Abmeldung aus Ungarn vorzunehmen.  Wir versprechen der Polizei, uns am Folgetag - nach unserer Übernachtung in Mohacs - an der Grenzstation mit unseren Booten zur offiziellen Ausreise einzufinden. Mohacs ist durch die Schlacht gegen die Türken im Jahre 1526 bekannt geworden. Damals verlor Ungarn nach dem Tod des Königs Ludwig II für viele Jahre seine Selbständigkeit.

Beim Ausheben der Boote am Rudersteg des Ruderclubs versinkt ein Teil der Gangway und einige von uns  holen sich dabei nasse Füße. Wir bauen unseren Wanderzirkus (Küche, Feldbetten usw.) vor und in der Bootshalle auf. Bei der Essenszubereitung gesellt sich ein Gast zu uns. Anstelle des erbetenen Tabaks spendieren wir Konstantin, so nennt er sich, ein Getränk und laden ihn mit zum Essen ein. Es gibt ungarisch Gulasch (nach deutscher Art). Konstantin beteiligt sich an der Essensvorbereitung; er erwartet eine landesübliche Gulaschsuppe mit Brot und ist nun etwas verdutzt über unsere Kochweise.

Grenzübergang und -Formalitäten

Am nächsten Morgen rudern wir zwei km flussaufwärts zur Grenzkontrolle. Wir erhalten einen Laufzettel (Polizei-Zoll-Gesundheitsamt-Wasserschutzpolizei-Katasrophenschutz-Polizei) und der Fahrtenleiter zeigt dann an diesen 7 Stellen unsere Ausweise bzw. Reisepässe vor, füllt Fragebögen aus, welche nicht immer verständlich sind, denn es fehlt die englische Übersetzung. Einige Zettel müssen deshalb mehrmals ausfgefüllt werden. Da mancher Beamter kurzzeitig nicht anzutreffen ist, dauert die gesamte Prozedur geschlagene 3,5 Stunden, besonders der Mann vom Katastrophenschutz war nicht auffindbar. Was er von uns wollte werden wir nie erfahren, denn zum Schluss genügte plötzlich auch der Stempel von der Dame am Empfang als Ersatz. Danach durften wir das "freie Europa der Schengenstaaten" verlassen.

Der Landdienst (Mathias und Heinz) hat es  zwar am Grenzübergang nach Serbien (bei Bezdan) leichter, doch eine dienstbeflissene serbische Polizistin ist über Mathias´ Verhalten etwas verärgert, da er sich vom Grenzgebiet ohne seinen Ausweis entfernt hatte. Es gäbe Probleme für ihn, meint sie sichtlich erregt.

Durch die zeitintensiven Ausreiseformalitäten in Mohacs muss der Landdienst an der serbischen Flusszollstation lange auf die Kameraden im Boot warten. Nach dem Eintreffen marschieren wir alle zunächst zur Grenzpolizei, um dort unsere Ausweise/Pässe abzugeben. Wir können sie bereits nach einer Stunde, zusammen mit den zu erstellenden Bootspapieren (Kosten 60 Euro pro Boot), wieder in Empfang nehmen. Dabei ruft uns der Bearbeiter meist mit unserem zweiten Vornamen (anstelle des Nachnamens) auf. Wir machen daraus ein kleines Spielchen, indem wir uns auf der Fahrt einige Tage lang mit dem uns bisher unbekannten Zweit-Vornamen anreden.

In Serbien angekommen

Kurz nachdem wir Ungarn verlassen haben, bildet die Donau die Grenze zwischen Serbien und Kroatien. Das kroatische rechte Ufer darf nicht betreten werden, da es z. T. noch vermint ist. Rote Verbotsschilder stehen in Abständen am Land.
Der Winterhafen von Apatin nimmt unsere Boote für die nächste Nacht auf. Ein bereitwilliger Hafenmeister weist uns die entsprechenden Liegeplätze zu. Danach suchen wir mit Umwegen das örtliche Grenzpolizeirevier auf, um uns offiziell in Serbien anzumelden, denn nach spätestens 24 Stunden Aufenthalt ist dies erforderlich.

Der gepflegte CP Вudzak liegt 5 km von Apatin entfernt idyllisch im Grünen. Er gehört uns fast alleine; nur ein niederländisches Paar mit Wohnwagen leistet uns freundliche Gesellschaft. Wir bedauern etwas, dass wir nicht für mehrere Nächte hier verweilen können.

Weil es schon recht dunkel geworden ist (die Sonne geht hier etwa 1 Stunde  früher unter als bei uns), nehmen wir das Nachtmahl in einem Restaurant ein und bestellen dort meist  "Som"-Fisch (Wels) oder "Smud"-Fisch (Zander). Am Nachbartisch herrscht bei den Einheimischen ausgelassene Stimmung. Auf das Essen müssen wir etwas länger warten. Danach spielt uns ein Csardas-Quartett angeblich typische serbische Musik vor, die uns teilweise als solche unter  anderem Titel bekannt vorkommt. Als Dessert gibt es Palatschinken mit Vanille-Eis - lecker!

Illegale Einreise nach Kroatien

In Boggjevo (Mittagsrast) schmieden wir den Plan, in Kroatien mit den Booten illegal einzureisen. Das Gezeter mit den An- und Abmeldungen bei den (beiden) Grenzbehörden und den damit verbundenen Zeitverlust haben wir satt. Unser Kassier Ralf Stürner muss nun mit der dritten Währung zurechtkommen.

Der kroatische Ruderclub in Vukovar („Veslacki Klub“) empfängt uns sehr herzlich mit zwei Flaschen landesüblichem Weißwein u.a.m. Es herrscht ein reger Trainingsbetrieb. In zwei Krafträumen, die zuvor extra für uns gereinigt wurden, stellen wir unsere Liegebetten auf. Zwei Oberschnarcher werden in den kleineren Raum verfrachtet. Mit dem Trainer und anderen Vereins-Funktionären plaudern wir auf deutsch. Wir lassen diesen Tag gemütlich bei Vollmond, der sich auf der dunklen Wasserfläche der Donau widerspiegelt, ausklingen.

Vukovar wurde im Jugoslawien-Krieg (1991) fast vollständig zerstört. Es gibt immer noch einige Kriegsruinen zu sehen. Wir verzichten auf die vorgeschriebene Einreise-Anmeldung bei der kroatischen Polizei in der Stadt und besichtigen dafür den zerschossenen Wasserturm der Stadt. Dieses Mahnmal beeindruckt uns sehr. Der Himmel ist heute etwas bedeckt; es tröpfelt sogar ein wenig, doch nur kurzzeitig.

Wiedereinreise nach Serbien

Der Wiedereintritt nach Serbien auf dem Wasser und an Land läuft problemlos ab. Der Landdienst ignoriert die Aufforderung der Grenzwächter, sich innerhalb der Zweitagesfrist bei der örtlichen Polizei zu melden. Er erkundet zunächst in Backa Palanka die Zufahrten für die Bootsanlandung im Altwasser (See mit Kanu-Regattastrecke) für die Mittagspause. Ein Kanute gestattet uns, die beiden Bootsstege zu benutzen. Der obere breite Verbindungskanal wird für die Anfahrt und der engere Durchlass (Strömung und Brückenpfeiler) für die Ausfahrt benutzt. Neben dem Rastplatz macht uns ein Profisportler mehrere Übungen am Barren vor. Unsere Versuche danach fallen dagegen etwas kläglicher aus. Da wir gut in der Zeit liegen, wird andiskutiert, ob wir die geplante Halbtagesetappe vom Freitag nicht heute gleich dranhängen, Die endgültige Entscheidung sollte am geplanten Endpunkt des heutigen Tages an der Fähre Begec fallen.

Die Landschaft auf der Steuerbordseite wird nun etwas hügeliger. In der Ferne sind sogar Berge zu erkennen. Ab hier sind nun beide Donau-Ufer serbisch. Am geplanten Ende der Tagesetappe, bei der Fähre von Begec ist die Abstimmung über die Verlängerung.Im Fluss in Ufernähe stehen mehrere „Кarottenspülmaschinen“, die wir bestaunen. Die Mehrheit votiert für die Zusatzstrecke von 22 km. Peter, unser Senior, lässt sich an diesen 80 Tageskilometern übrigens nicht vom Ruderplatz im Dreier vertreiben. Somit erreichen wir einen Tag früher unser Endziel, den Ruderclub von Novi Sad (dt.: Neusatz). Kurz entschlossen bereiten wir sogar noch an diesem Abend die Boote für die Rückreise vor.

Abends serviert uns der Chefkoch köstlichen Fisch („som“); dazu gibt es feurigen Rot- und Weißwein. Der Umtrunk dauert etwas länger, denn die Duschen im benachbarten Kanuclub stehen uns erst nach Ende des Kraftsportes zur Verfügung. Die beiden Schnarcher schlafen im Freien unter dem Vordach des Bootshauses. Ein nächtlicher Störenfried aus den eigenen Reihen lässt sie jedoch nicht richtig zur Ruhe kommen.

Am Morgen geht es flott voran. Die Abfahrt wird dadurch etwas behindert, dass zunächst kein Vereinsmitglied mit einem Schlüssel für das Eingangstor aufzutreiben ist. Als uns schließlich der von der Putzfrau herbeigerufene  Restaurantbesitzer das Tor öffnet, fahren wir durch die Stadt zur Festungsanlage Burg Peterwardein (serbisch: „Perovaradin“) hinauf. Unser roter Bus ist etwas schwach auf der Brust beim Erklimmen der Höhe. Von hier genießen wir einen herrlichen Ausblick auf die Stadt und auf  U N S E R E  Donau. Beim zweiten Gespann singen die Bremsen des Bootswagens ein Lied, und wir müssen prüfen, ob sie sich vielleicht heiß gelaufen haben.

Die Freiheitsbrücke (serbisch: „most slobode“) wurde 1999 durch einen NATO-Luftangriff zerstört; sie bildete für lange Jahre eine große Behinderung für den Schiffsverkehr. 2005 wurde sie wieder aufgebaut. Später schlenderten wir noch durch die Fußgängerzone der Innenstadt von Novi Sad (Rathaus, Marktplatz, Marienkirche usw.). Die gesamte Region ist sehr geschichtsträchtig (z.B. Türkenkriege). Bei der Ausreise von Serbien und an der Einreisegrenzstation von Ungarn (EU-Außengrenze)  gibt es wieder eine längere Geduldsprobe zu bestehen (2 Stunden in der Auto-Warteschlange).

Unterbrechung der Rückreise

Nach 8 Stunden Fahrt (rund 550 km) erreichen wir gegen 20.30 Uhr den Wiener RV Donauhort. Der Bootshausschlüssel liegt absprachegemäß bereit. Wir treffen  noch zwei junge Sportler an, die uns die Örtlichkeiten zeigen möchten, doch wir kennen uns gut aus, da es inzwischen schon der 5. Zwischenstopp (mit unseren früheren Wanderfahrten) hier ist.

Als Abschiedsschmaus gibt es ein etwas aus Nahrungsresten zusammengewürfeltes Nudelgericht mit Tomatensoße (als „pasta asciutta“). Allen schmeckt es  wunderbar; ebenso das kalte Bier aus dem Kühlschrank des Gastvereines. Wir lassen die Küche wieder hochleben. Wir tragen uns ins Gästebuch ein und nächtigen fast alle auf der von uns geliebten Veranda im Garten des Rudervereins. Der Mond zwinkert uns beim üblichen Absacker liebevoll zu. Auf der vorbeifließenden Donau ziehen auch des nachts  mehrere Kreuzfahrtschiffe vorbei.

Die Heimreise (mit anfangs kleiner Rundfahrt durch Wien) verläuft zügig. Insgesamt werden dafür über 1200 km an zwei Tagen zurückgelegt. Das Defizit unserer Fahrtenkasse wird durch einen Nachschlag von den Teilnehmern vermindert. Alle Ruderer sind sich einig, dass diese Trimmfahrt wieder abwechslungsreich und voll gelungen verlief. Wir danken  dem FL Ralf Stybalkowski und dem Planer Mathias Kötter nochmals für ihre zeitintensive Vorbereitung und Durchführung dieser erlebnisreichen Vereinsfahrt.