AH-Wanderfahrt 2014 Unterwegs auf Hamburger Gewässern

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Sonntag, 11. Mai

Wenn man der Statistik glauben darf, dann regnet es in Hamburg 20% weniger als in München. Vor allem im Frühsommer sei das Wetter in der Hansestadt unschlagbar - das behaupten zumindest dort ansässige Meteorologen (siehe "Vereinzelt Nieselregen" in GEO-Spezial "Hamburg"(3/2001)). Dies zu glauben fiel uns Wanderfahrern in den ersten Tagen allerdings etwas schwer.

Gefühlsmäßig waren wir aus dem schon weit im Frühjahr fortgeschrittenen Süden in eine Ecke Deutschlands gereist, wo entweder der März noch hartnäckig Expansionsgelüste im Kalender entfaltete oder aber der Herbst bereits wieder Einzug hielt. Aber, und so ist es auch aus der Statistik herauszulesen, sei es wohl in Hamburg dann doch eher so, dass Wolken und Regen aufgrund der Nähe zum Meer zwar rasch aufzögen, dass sich diese aber schneller als im Süden wieder verzögen. Trotzdem: Als wir am späten Sonntagnachmittag Punkt 17 Uhr an den Landungsbrücken in St. Pauli eintrafen, war es etwa 10 Grad kühler als zuhause und es blies eine steife Brise. Wir kamen genau rechtzeitig, nämlich zum finalen Höhepunkt des 825. Hamburger Hafenfestes, das größte seiner Art weltweit. Inmitten der sich drängenden Menschenmassen - gefühlt waren mehrere Hunderttausend Besucher anwesend - hatten wir alle Hände voll zu tun, um uns nicht aus den Augen zu verlieren. Es wurde uns nicht leicht gemacht, die nun stattfindende Promenade der auslaufenden Schiffe zu betrachten. Wolfram gelang es später immerhin noch, einen Stehplatz auf einer Bank zu ergattern, so dass ausgiebig Bildmaterial zu diesem Event gesammelt werden konnte.

Massenhaft versperrten uns andere Besucher, die wohl bereits vor Stunden hier Stellung bezogen hatten, die direkte Sicht.Da wir genau vor der Moderation Stellung bezogen hatten, kamen wir in den Genuss der ausführlichen Beschreibung der auslaufenden Windjammer und Motorschiffe, darunter auch die "Deutschland", bekannt aus der ZDF-Serie "Das Traumschiff". Bei jedem etwas auffälligeren Schiff entbot der Veranstalter, als besondere Ehrerweisung an die Besatzung, die entsprechende Nationalhymne; Spitzenreiter war die Holländische, welche immerhin 4 mal erklang! (Spätestens seit den olympischen Eisschnelllaufwettbewerben in Sotschi kennt man die ja fast schon auswendig...)Irgendwann ging dieses Spektakel zu Ende und alles, selbst die Organisatoren, sagten tschüssi. Doch halt: plötzlich ertönte tiefdröhnend das Signalhorn der Cunard-Line. Völlig überraschend kam auf Höhe der Elbphilharmonie die "Queen Elisabeth" ins Blickfeld. Natürlich kann diese in ihrer Größe mit heutigen Mega-Linern nicht mithalten, doch war es wirklich ein majestätischer Anblick, dieses Schiff in den typischen Farben (siehe Titanic) so nah vorbeifahren zu sehen. Ja, ond guck i nom guck i rom, auf einmal sind alle Ruderer just in diesem erhabenen Moment  versammelt, d. h. auch die Freunde der luxuriösen Hotelübernachtung scharen sich um uns. Zur Erklärung: unsere edleren Mitruderer haben sich entschlossen, in einem Hamburger Hotel zu übernachten; weniger anspruchsvolle Teilnehmer der Wanderfahrt übernachten im "Ruderclub Dresdenia"auf Feldbetten oder Luma. Nachdem man nach der langen und ohne besondere Zwischenfälle vonstatten gegangenen Anreise kurzfristig getrennte Wege ging, haben es die beiden Fraktionen, obwohl jeder ein Handy oder Smarty dabei hat,  während der ganzen Parade nicht geschafft, zueinander zu finden. Was relativ schnell klar wird ist, dass wir Anspruchslosen bei der Dresdenia das bessere Los gezogen haben. Die Zimmer im Hotel sind gemäß des allgemeinen Lamentos wohl so eng, dass man sich bei jeder unbedachten Bewegung  eine Beule holt. Dusche und Clo liegen im Prinzip fast übereinander....Anlass genug, dass wir, nämlich die "Luma-Fraktion", uns beim (Damen-) Ruderclub Dresdenia an dieser Stelle ganz herzlich bedanken!Zum Abschluss des Tages gelingt es uns, in Hafennähe ein portugiesisches Restaurant auszumachen, in welchem jeder nach Herzenslust und bei erträglichen Preisen zuschlagen kann. In einer Riesenschüssel kommt für mich Fischeintopf, angeblich für 1 Person. Die Menge reichte locker aus, um 3 Personen satt zu machen...Für die Luma-Fraktion wird die U-Bahn in den nächsten Tagen zum Hauptverkehrsmittel. Innerhalb kürzester Zeit sind wir vom Hafen wieder zurück in unserem Quartier bei der Dresdenia in der Nähe der Jarre-Siedlung mit ihrer einzigartigen Architektur. Nach ein paar Bierchen verkriechen wir uns in unsere Schlafsäcke und harren gespannt der Dinge, die uns der nächste Tag bringen wird.

Montag,  12. Mai

Regen ist angesagt, und zwar nicht wenig. Außerdem ist angesagt, dass wir uns nach Bergedorf aufmachen, um von dort die Dove-Elbe zu erkunden. Der Weg dorthin erweist sich jedoch als Tortur. Berufsverkehr montagmorgens in Stuttgart kann schon zermürbend sein. Hamburg scheint in diesem Jahr da noch eins draufsetzen zu wollen. Baustellen wohin man schaut. Auch an der für uns überlebenswichtigen Ausfallstraße ist eine solche eingerichtet. Mit ordentlicher Verspätung treffen wir beim RC Bergedorf ein. Ein Vorteil hat dies allerdings: Die seit 40 Minuten wartenden "Hoteliers"haben die Boote bereits soweit hergerichtet, dass wir "Lumas" nur noch einsteigen müssen. Mit von der Partie ist auch Hans-Heinrich Busse, der uns die nächsten Tage auf den Gewässern in und um Hamburg begleiten und dirigieren wird.In 2 Vierern m. Stm. und einem gesteuerten Zweier geht es auf der Dove-Elbe von Bergedorf in Richtung Regattastrecke Allermöhe und darüber hinaus bis zur Tatenberger Schleuse. Es bläst ein kräftiger Wind; zu sehen sind v.a. Kühe, deren Hinterteile, aber auch sehr viele Vögel. Von der Schleuse geht es wieder dieselbe Strecke zurück. Nach kurzem Zwischenstopp im Ruderzentrum in Allermöhe werden wir bei der Weiterfahrt durch einen heftigen Schauer mit  kleinen Hagelkörnern so richtig nassgeduscht. So sind wir einigermaßen froh, uns in den Räumen des RC Bergedorf während der mittäglichen Vesperpause etwas aufwärmen und stärken zu können.

Am Nachmittag geht es dann vom Bootshaus durch eine Engstelle über Neuengamme und Curslack bis zur Blauen Brücke und wieder retour. Insgesamt sind es an diesem Tag etwa 30 km, die wir gerudert sind. Für viel Abwechslung ist auf der Rückfahrt gesorgt. Wir wollen es schlauer anfangen als am Morgen und fahren nicht über die Autobahn, sondern  auf der B5 zurück in die Stadt. Das läuft auch wirklich alles wunderbar, bis-  ja bis es im Stopp-and-go vor einer großen Kreuzung  auf einmal einen Schlag tut. Am Morgen hatte Stybi noch verkündet, dass er immer ganz gerne durch Städte fährt. Jetzt schimpft er: "Sch..., wo isch denn die Kupplung! Ich hab kein Pedal mehr". Der erste Gang lässt sich nicht auskuppeln und so rollen wir mit höchster Drehzahl noch ein Stück weiter, bis es Stybi gelingt, die Karre auf dem Gehweg zum Stehen zu bringen und abzuwürgen. Reparatur aussichtslos. Ein Glück, das Achim eine ADAC-Gold-Card besitzt. Bis zum Eintreffen des Pannen-Services sollte allerdings noch weit über 1 Stunde verstreichen. Für eine weitere Schreckviertelstunde sorgt Wolfram, der plötzlich  verkündet, dass der Fahrzeugschlüssel nicht mehr aus der Schiebetür des Sprinters abzuziehen ist. Das wäre so ziemlich das Ende aller Fahraktivitäten für die nächste Zeit. Nach langem Herumwerkeln ist der Schlüssel aber dann doch wieder befreit. Stybi und Achim werden zurückgelassen, um auf den ADAC zu warten, während der Rest mit der U-Bahn weiter zur Dresdenia fährt.Geplant war ursprünglich, dass man sich mit der Hoteltruppe am Jungfernstieg trifft, um dort ein Abendessen einzuwerfen. Doch daraus wird angesichts der fortgeschrittenen Zeit nichts mehr. Die Alternative für uns ist ein asiatischer Imbiss gleich um die Ecke mit riesigen Portionen. Dort hauen wir rein, was das Zeug hält. Frohe Kunde dann von Stybi und Achim am Abend: Die Kupplung konnte von einer Werkstatt soweit provisorisch repariert werden, dass der Sprinter hoffentlich bis zum Ende unserer Fahrt durchhalten wird.

Dienstag, 13. Mai

Für heute ist vorgesehen, direkt auf dem an der Dresdenia vorbeiführenden Osterbekkanal loszurudern, hinaus auf die Außen- und Binnenalster. Eine Damengruppe ist, in Begleitung eines Herrn, gleichfalls bereits zugange, ein Boot zu Wasser zu lassen. Der gute Mann heißt Michael Hoffmann. Da in einem unserer Vierer noch ein Platz frei ist, wird er dem Damenquartett und seiner Frau kurzerhand entrissen und für die nächsten Stunden bei uns zwangsverpflichtet. Dies erweist sich als Glücksfall, denn Michael weiß ungeheuer viel zu erzählen über die ganzen Sehenswürdigkeiten der Hansestadt, die es auf dieser Ausfahrt zu bestaunen gibt.Kaum auf der Außenalster angekommen, werden wir "Am langen Zug" von einer steifen Brise und Wellengang erfasst. In der Nähe befindet sich auch die RG Hansa, der Verein von Hans-Heinrich; mit der Moschee im Hintergrund. Zahlreiche Rudervereine verteilen sich entlang des Ufers. Nach Unterqueren  der Kennedy- und Lombardsbrücke erreichen wir die Binnenalster. Wir befinden uns nunmehr so ziemlich im Zentrum der Elbmetropole mit Blick auf den Jungfernstieg, Rathaus und zahlreiche Kirchen. Lothar kann es beim Umrunden der Alsterfontäne nicht lassen, unser Boot sehr knapp an der Fontäne vorbeizusteuern, so dass uns ein eklig kalter Niesel im Genick trifft.Eine kurzer Pause beim RC Favorite Hammonia, ein direkter Nachbar des auf Holzpfählen errichteten und sanierungsbedürftigen gelben Baus des ältesten Deutschen Ruderclubs "Der Hamburger und Germania Ruder Club", erlaubt uns einen kleinen Einblick, wieviele Achter in einer Halle Platz finden können, wenn man diese auch besitzt. Danach geht es mit Blick auf das Atlantic-Kempinsky (bekannt vor allem durch Udo Lindenberg oder auch als Kulisse für den James Bond Film "Der Morgen stirbt nie") über die Außenalster hinüber und hinein in den Eilbekkanal. Unter anderem gibt es hier interessante Hausbootsiedlungen zu sehen. Ebenso wie der Osterbekkanal ist der Eilbekkanal für Ruderboote eine Sackgasse, so dass wir nach Erreichen des Wendepunkts wieder zur Außenalster zurück müssen. Nach einem kurzen Schwenk auf der sehr bewegten "See" geht es zurück zur Dresdenia.

Hier setzt unser Catering-Service, v.a. in persona von Klaus Berkemer und Wolfgang Thomsen, einmal mehr alles in Bewegung, damit wir uns stärken können. Die beim Mittagstisch sitzende Damenrunde ist froh, dass wir ihren Michael wieder gesund zurück bringen. Nach dem Vespern legen wir noch einmal ab, um den Osterbekkanal bis ans Ende zum "Wasserfall"und wieder zurück zu errudern. Ein Mehr an Ruderkilometer war an diesem Tag nicht mehr möglich, da die Zeit drängte. Schließlich stand am Nachmittag noch die Besichtigung des Miniaturwunderlands in der Speicherstadt auf dem Programm.Da im gleichen Gebäude auch noch ein anderes Spektakel stattfindet, das sogenannte Hamburg Dungeon, eine 90-minütige Reise durch über 600 Jahre grauenhafter Hamburger Geschichte, hatten wir Glück nicht im "falschen Film" zu landen. Trotz mehrmaligem bitten und aufforden auch von freundlichen Passanten, die einfach eines besseren belehrt wurden, standen unsere Freunde der Eisenbahn in der falschen Schlange. Nur weil es hier einfach nicht weitergehen wollte, fragten wir dann doch mal das zuständige Personal. Wir bekamen unser Geld zurück, Karten waren ja bereits gekauft, und gingen dann doch ins Miniaturwunderland. Ich bin immer noch der Meinung wir haben eine tolle Show verpasst.Das Miniaturwunderland ist die weltweit wohl größte Modellbahnausstellung. Gigantische und mit viel Liebe zum Detail aufgebaute Anlagen sprengen alles, was man bis dahin an Modellbau gesehen hat. Länderspezifische Anlagen mit entsprechenden Zügen und Landschaft, ein perfekt programmierter Airport mit ein und ausfliegenden Flugzeugen, bei Flut ein- oder auslaufende Kreuzfahrtschiffe sind Höhepunkte der Ausstellung. Immer wieder stößt das Auge beim Verweilen eher zufällig auf Überraschendes, so z.B. auf einen Ruder-Vierer, der in Miniaturgröße mit viel Liebe nachgebildet wurde. Die Wunderwelt befindet sich derzeit immer noch in der Expansion. Am Ende der sich mittlerweile über 4 Stockwerke erstreckenden Anlagen sollen ca. 20 Millionen € verbaut sein. Allein um die durch die Besuchermassen erzeugte Feuchtigkeit zu regulieren, war eine aufwändige Klimatechnik zu installieren. Nachhaltig beeindruckt verließen wir, als eine der letzten Besucher am Abend, diese spektakuläre Inszenierung von Modellbaukunst.Großzügige Portionen an Schweinshaxe, Steaks und andere Leckereien sorgten für gute Laune und einen schönen Ausklang des Abends.

 Mittwoch, 14. Mai    

Für den heutigen Tag stand, nach den ganzen Erlebnissen auf der Alster mit der beeindruckenden Szenerie, ein auf den ersten Blick fast diametral entgegengesetztes Rudererlebnis auf dem Programm. Unter der Regie von Hans-Heinrich Busse sollte vom Biller Ruderclub der Hamburger Süd-Osten aus erkundet werden. Der Biller RC (u.a. Heimatverein von Peter-Michael Kolbe) liegt auf der Billerhuder Insel, umgeben von Kleingartensiedlungen aber auch ausgedehnten Industrieparks und Müllverbrennungs- bzw. Recyclingbetrieben. Den Überblick und die Orientierung zu bewahren, fällt beim Durchfahren der vielen Kanäle seitwärts der Bille schwer. Wechselnde Düfte wehen einem um die Nase. Das Spektrum reicht vom Geruch der Petrochemie über Zimtaldehyd aus einer Firma, die Aromastoffe herstellt bis hin zu Kraftfuttergeruch. Später kommen der Duft von Kaffee sowie andere angenehme Gerüche eines weltbekannten Lebensmittelkonzerns hinzu. Wir steuern dann in Richtung Stadtteil Hammerbrook, der in Richtung Zentrum liegt, fahren hier etliche Kanäle ab, unterqueren schwarze und andersfarbige Brücken! Nach Hans-Heinrich rollt ein Großteil des S-Bahnverkehrs immer noch über eine uralte Brücke; nicht auszudenken, was passiert, wenn diese mal zusammenstürzt. Aber bitte nicht jetzt, wo wir gerade unten durchrudern! Vor einer Tidenschleuse, die zur Elbe führt, machen wir kehrt. Wieder bläst der Wind. Wir nutzen diesen und segeln mit aufgedrehten Blättern (6 kmh) ein gutes Stück zurück Richtung Biller RC, wo ein Vesper und ein Bierchen zur Mittagspause locken. Die Nachmittagsetappe von ca. 12 km führt uns dann die Bille aufwärts. Zu Beginn ist von der Bille nur wenig zu bemerken. Wieder führt unser Weg auf breit angelegtem Gewässer durch Industrieanlagen. Später ändert sich jedoch das Bild. Auf den letzten beiden Kilometern fahren wir auf dem jetzt recht schmalen Flüsschen die letzten beiden Kilometer durch viel Naturlandschaft, bis es nicht mehr weiter geht, da ein schmaler Durchlass unter der A1 uns den Weg versperrt. Ein Vierer ist mutig und wagt die Durchfahrt. Auf der anderen Seite ist gerade genug Platz, um eine Wende zuzulassen. Mittlerweile scheint sich das Wetter deutlich zu bessern. Als wir beim Biller RC ankommen, ist es richtig warm geworden und es deutet alles darauf hin, dass uns der Wettergott auch für  die kommenden Tage gnädig sein wird.

Die Luma-Fraktion hatte am Morgen ihre Zelte bei der Dresdenia abbauen müssen. Neues Quartier, welches im Anschluss an die Ausfahrt auf der Bille bezogen wird,  ist der RV Wandsbek. Verwirrenderweise liegt der Ruderverein aber nicht im Stadtteil Wandsbek, sondern ganz wo anders, nämlich an der Ausfallstraße Richtung Flughafen in Hamburg-Alsterdorf bzw. nicht allzu weit entfernt vom größten Parkfriedhof der Welt, der im  Stadtteil Ohlsdorf liegt. Wir werden herzlich empfangen und dürfen uns in den hellen Räumen großzügig ausbreiten. Der Getränkeschrank ist prall gefüllt mit Gekühltem, so dass wir uns vor dem Abendprogramm noch etwas stärken können.Es mag hoffentlich entschuldigt werden, wenn über den Abend nur wenige Worte gemacht werden. Wir trafen uns am Hamburger Michel, dem wir einen kurzen Besuch abstatteten. Anschließend begaben wir uns zum  Essenfassen auf die andere Straßenseite ins berühmte Lokal "Old Commissioner". Das Ambiente, die besondere Atmosphäre, sogar der Labskaus - zwar gewöhnungsbedürftig, aber genießbar- das war schon etwas Besonderes. Doch waren wir fast froh,  als wir aus diesem (bis auf die Kasse) professionell geführten Abfertigungsbetrieb von Touristen aus  aller Herren Länder wieder draußen waren.

Donnerstag, 15. Mai

Direkt vom Frühstück ging es in 3 Vierern vom RV Wandsbek weg auf die dort fließende Oberalster. Unter dem Kommando von  Hans-Heinrich wurden fast sämtliche Kanäle und Kanälchen, die in diesem Revier liegen, erkundet. Imponierend irgendwie die vielen Villen entlang der Route. Bei vielen Anwesen war spürbar, dass Geld keine Rolle spielte. Allerding in den meisten Fällen nicht unbedingt protzig zur Schau getragen, sondern gepaart mit einem gewissen Understatement. Besonders eindrückliche Punkte sicherlich Winterhuder Kai oder Rondeelteich, dieser umrahmt von Prachtbauten und Luxusappartments. Beim Ablegen vom Eppendorfer Ruderverein passierte es: Der Rollsitz unter Schlagmann Hans-Heinrich verabschiedete sich plötzlich mit zornigem Gequietsche und zerbarst in 2 Stücke. Glück für den Kapitän, dass  im Verein ein passender Ersatzsitz aufgetrieben werden konnte. Danach wurde der Isebekkanal bis zum Kaiser-Friedrich-Ufer und zurück befahren. Nach einer kurzen Schleife auf der Außenalster ging es zurück auf die Oberalster und zum RV Wandsbek. Einige machten sich nach der Mittagspause nochmals auf den Weg, um die Oberalster ein Stück aufwärts bis zur Ohlsdorfer Schleuse zu befahren und um Extrakilometer zu sammeln. Andere genossen die Ruhe auf der Wiese des Vereinsgeländes bei einer guten Tasse Kaffee. In Bezug auf das Abendessen gelang es Hans-Heinrich, für uns einige Tische im Restaurant der RG Hansa zu reservieren. Die Fahrt dorthin wurde uns indes nicht leichtgemacht. Mehrere baustellenbedingte Umleitungen und Einbahnstraßen die zu bestimmten Uhrzeiten umgedreht wurden brachten die Fähigkeiten des Navy an seine Grenzen. Irgendwann schafften wir es aber dann doch noch, die RG in der "Schönen Aussicht"(so heißt die Straße) zu finden. Die Bezeichnung war keinesfalls übertrieben. Der Blick von dem im ersten Stock befindlichen clubeigenen Restaurant über die Außenalster war wirklich unbeschreiblich. Im Licht der Abendsonne und vor der Kulisse der Stadt tummelte sich so ziemlich alles auf dem Wasser, was an Booten hier irgendwie verfügbar war. Zahlreiche Segler, dazwischen zig Ruderboote, ob aktive Trainingsruderer oder Breitensportler. Das Essen war hervorragend. So gestärkt  durfte der nächste Tag gerne kommen. Hier war von Seiten der Fahrtenleitung gemeinsam mit Hans-Reinhart Strehler eine Überraschung geplant, nämlich die Befahrung der Krückau und der Elbe unter Nutzung der Gezeiten. Möglich ist diese Tour nur bei guten Witterungsverhältnissen und mit beachtung der Gezeiten. So wie es aussah, würden wir Glück haben. Einziger Wermutstropfen würde sein, dass man um kurz nach 4 Uhr früh aus den Federn musste, um bei abfließender Ebbe Richtung Elbe zu kommen.

 Freitag,  16. Mai

Ein bisschen Bruteln darf erlaubt sein, wenn man in aller Herrgottsfrühe und bei tiefer Nacht aus dem Schlaf gerissen wird. Doch der Tag würde  uns vollkommen entschädigen. Bereits die Fahrt in der morgendlichen Dämmerung durch das gerade zum Leben erwachende Hamburg und hinaus in Richtung Elmhorn ist eindrücklich. Über dem in einem leichten Dunstschleier liegenden Marschland geht die Sonne auf, Gelegenheit für die Kameramänner, einige Stimmungsbilder zu schließen. Bereits vor 6 Uhr treffen wir beim Elmhorner Ruderclub  ein. Es dauert nicht lange, bis auch die Ruderkameraden aus Elmshorn einer nach dem anderen auftauchen. Rasch ist die Bootseinteilung  vollzogen. In 3 gedeckten Vierern m. Stm. und einem gedeckten Zweier m. Stm. geht es auf die Krückau. In jedem Boot sitzt ein Kamerad aus Elmshorn als erfahrener Obmann. Mit abfließendem Wasser geht es auf der Krückau genau 10 km bis zum Sperrwerk in die Elbe.Auf der Etappe kann  viel Landschaft und Stille genossen werden. Angeblich verkehrt ins Kronsnest die kleinste Personenfähre Deutschlands. Vor dem Sperrwerk heißt es erst einmal warten, bis die Ampel auf Grün schaltet. Das dauert so lange, dass sogar die Elmshorner etwas ungeduldig werden. Schließlich dürfen wir aber doch passieren. Hinter dem Leuchtturm Pagensand wird die Fahrrinne der Elbe erreicht. Sofort herrschen andere Verhältnisse als bislang. Der Wellengang, obwohl angesichts des guten Wetters noch relativ gemäßigt, zwingt zum Abscheren. Ein Stück weit hinter der Insel Schwarztonnensand wird auf das andere Elbufer zugesteuert, um dann in Ufernähe noch bis Krautsand weiter zu rudern. Dort ziehen wir die Boote auf den Sandstrand und harren nun der Dinge, die da kommen. Fürs Vesper haben wir über eine Stunde Zeit, erst dann wird die Strömung so langsam nachlassen und sich schließlich umkehren. Die Lebensgefährtin von Hans-Heinrich schenkt zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens noch ein Verdauungsschnäpschen aus ihrer litauischen Heimat aus. Während der Pause fahren einige größere und kleinere Brummer, v.a. Containerschiffe, an uns vorbei. Wie bekannt, wird in Hamburg zur Zeit heftig darüber diskutiert, ob die Fahrrinne der Elbe noch tiefer ausgebaggert werden soll, damit auch die ganz großen Schiffe vollbeladen noch durchkommen.

Nach der Rast geht es noch ein Stück weiter elbabwärts bis auf die Höhe der Fährverbindung Glückstadt-Wischhafen. Hier wird dann die Elbe bei Niedrigwasser und vernachlässigbarer Strömung gequert. Nach der Mittagspause in Kollmar hatte sich die Fließrichtung des Wassers umgedreht, so dass am Nachmittag mit aufkommender Flut der Weg zurück nach Elmshorn wieder problemlos bewältigt werden konnte. Auf diese Weise sorgte die Tide dafür, dass die Ruderer den ganzen Tag über meist mit der Strömung fuhren und immer genügend Wasser unterm Kiel hatten. Manfred Strutz fand beim anschließenden Wimpeltausch mit den Elmshornern denn auch die richtigen Worte. So sei dieses minutiöse Ausnutzen der Gezeiten eine völlig neue Erfahrung für die RVE-ler gewesen, die sicherlich allen unvergessen bleiben wird. Bei Kaffee und Kuchen –ganz großes Lob und ein herzliches Dankeschön an die Frauen der Gastgeber– ging der aktive Teil der Wanderfahrt auf der Terrasse des Elmshorner Ruderclubs zu Ende. Nun fehlte noch der übliche  Ausklang für den Abend bei gutem Essen und einem ordentlichen Schluck. Nach langem Hin und her entschied man sich, nach Hamburg zurückzufahren, erst einmal zu duschen und sich dann auf die Suche nach einem guten Lokal zu begeben. Dies gestaltete sich etwas schwieriger als gedacht. Dank eingehender Recherche im Internet wurden wir jedoch fündig. Die Eppendorfer Mühle erwies sich als ein wahrer Glücksfall. Der Wirt hatte an diesem Abend sicherlich nicht mehr mit so vielen hungrigen Mäulern gerechnet, doch tat er alles, um uns glücklich zu machen. Ein wirklich sehr schöner, erlebnisreicher und langer Tag neigte sich dem Ende entgegen. Gleichzeitig war es der gelungene Abschluss dieser AH-Wanderfahrt auf Hamburgs Gewässern.

Bericht: Frank Gähr

 

Bilder und Kommentare: Wolfram Strehler
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