AYCR 2018
Was macht man am längsten Samstag im Jahr? Rudern - was sonst. Alljährlich findet an diesem Tag der AYCR-Wettbewerb statt. Dies steht für „All You can Row“ und startet mit Sonnenaufgang und geht bis zum Sonnenuntergang. Veranstaltet wird das Ganze vom Karlsruher Rudeklub Alemannia, insbesondere von Wolfdietrich J. den jeder nur "wd" nennt. Im April ging ich auf die Suche nach weiteren Leidensgenossen um als Vereinsmannschaft daran teilzunehmen. Elke, die bereits 4x mit dabei war musste nicht dazu überredet werden. Es dauerte nicht all zu lange mit der Suche. Bodo griff die Idee mit auf und sagte zu. Mit 118 Teilnehmer in 35 Booten gab es erneut eine Rekordanmeldung. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl gab es zusätzlich im Nachbarverein Karlsruher RV Wiking die Möglichkeit zu schlafen und zu starten.
Nach nur zwei Trainingseinheiten im Albatros war es am 22.06.2018 soweit. Pünktlich um 18:00 Uhr trafen wir uns im RVE um gemeinsam nach Karlsruhe zu fahren. Die Fahrt verlief für einen Freitagabend außerordentlich gut. Kurz nach 19:30 Uhr gesellten wir uns zu den anderen Teilnehmern. Es gab genügend zu essen und zu trinken um sich auf den nächsten Tag vorzubereiten. Bei einem gemütlichen Bier tauschte man die letzten Tipps aus. Wechselzeit alle 30 min. oder länger? Wo macht man Pause um einmal aus dem Boot zusteigen? Zuvor jedoch ein Rundgang über das Gelände. Die spannendste Frage war: Wie sieht das Boot aus, welche Skull, Rollsitze etc. findet man vor. Holz- oder Gummigriffe, Rollsitze mit oder ohne Löcher, Big Blades oder Maconblätter - die Möglichkeiten sind zahlreich. Unser Boot, die "Marianne" ein Doppelzweier mit Steuermann, hatte zuvor auf dem Eflsteden Roeimarathon 2018 die Jungfernfahrt. Ein gedecktes Boot mit Lenzklappen und Carbonausbau - ein muss für den Rhein. Zusätzlich klebten wir noch drei Bahnen Klebeband von Bug bis Heck über die Ausleger. Dies sollte zumindest die kleinen bis mittelgroßen Wellen davon abhalten ins Boot zu kommen. Bestens vorbereitet legten wir uns um 22:30 Uhr auf das Feldbett.
Der Start war für 05:20 Uhr vorgesehen. Pünktlich zum offiziellen Sonnenaufgang. Das heißt wecken um 4:00 Uhr (für Spätaufsteher) und Frühstück gegen 4:20 Uhr. Für jedes Boot gab es genügend Wasser, Essensbeutel oder Kisten und Obstpakete zum mitnehmen. Erfahrungsgemäß drängt es die aller ehrgeizigsten früh an den Steg um wirklich jede Sekunde auszunutzen. Sonst gab es trotz der vielen Boote kein Geschrei oder Hektik am Steg. Als erster auf dem Wasser war "WaWa" mit seinem Trimmi. In diesem Fall steht WaWa nicht für den Bootsnamen, sondern für den Spitznamen des Ruderers - Wahnsinniger Wanderruderer. Insider kennen auch seinen richtigen Namen.Wir reihten uns in dies Schlange vor Steg ein und gingen als 5. Boot aufs Wasser. Unser Minimalziel war Mainz (146km) schöne wäre Bingen (172km) und klasse St. Goar mit 200km. Damit der Organisator die Übersicht behält besteht die Möglichkeit über "racemap" die Fahrt zu verfolgen.
(Startet ab ca 2:20:20 und kann mit bis zu 80 facher Geschwindigkeit abgespielt werden)
Die Wettervorhersage sagte 18°C bis 20°C und leichte Bewölkung voraus. Zum Rudern ideal. Nicht so schön die Windvorhersage mit 22km/h aus Nord – Nordwest. Das heiß Gegenwind!
5:25 Uhr los geht es. Frank auf dem Steuerplatz, Elke auf Schlag und Bodo im Bug. Bis zum Rhein sind 3km im Hafen zu rudern, ideal um sich an das Boot zu gewöhnen. Dann ist es soweit, der Rhein liegt vor uns – Km 359,9. Man sieht wie die Strömung die Boote vor uns beschleunigt und auf Fahrt bringt. Nebelschwaden steigen vom Wasser aus und die vorausfahrenden Boote sind gerade noch sichtbar. An der ersten Boje auf Backbord rasen wir vorbei und hinter uns taucht schon der erste Frachter auf der Überholspur auf. Da heißt es aufpassen. Wir sind mit 16-18 km/h unterwegs und nach 30 min. steht uns der erste Wechsel bevor. Steuer tauscht mit Schlag. Schlag steht auf und bewegt sich auf den Steuerplatz zu. Steuer kriecht unten durch zum Schlag. Geschafft aber wackelig.
Wir überholen die ersten Dreier mit Steuermann und versuchen uns nicht jetzt schon in Rennen verwickeln zu lassen. So vergeht eine halbe Stunde nach der anderen. Die Wechsel schaffen wir von „Stop“ bis „Alles voraus“ unter 5 min. In dieser Zeit treiben wir zwischen 500m und 1000m weit. In der Zwischenzeit haben wir auch die Wechseltaktik umgestellt. Gerade wenn Steuer und Bug tauscht ist die Stabilisierung durch ein paar Skull sehr gering. Also krabbelt erst das Steuer hinter den Bug und übernimmt die Stabilisation während der neue Steuermann sich auf den Weg zu seinen Platz macht. Je länger die Fahrt dauert desto schwerer fällt einem diese Aktion. Nur die Freude auf die Pause erleichtert das Ganze.
Das Feld zieht sich mit der Zeit immer weiter auseinander. Nur alle 5 min. kommt eine Frachter stromauf oder stromab. So wechseln sich 1 Stunde rudern mit 30 min. Steuern ab. Um 10:00 Uhr holen wir das einzige ungesteuerte Boot – einen Dreier – ein. Nach 50 Kilometer holen wir WaWa mit seinem Trimmi ein. Das Boot läuft und wir fühlen uns gut. Bei Km 424,1 - wir sind 67,5km gerudert, legen wir beim Mannheimer Ruderclub von 1875 an. Kurz die Beine vertreten und die "Bio-Break" erledigen. Die Pause tut gut, endlich wieder einmal richtig stehen und strecken. Vom Steg aus sieht man in die „Schachtel“. So wird das folgende ca. 3km lange Stück genannt. Links und Rechts befinden sich Kaimauern und der Schiffsverkehr verursacht hohe Wellen. Wir kämpfen uns durch die Wellen. Kurze Zeit später passieren wir die Regattastrecke am Mühlauhafen und die Neckarmündung. Es wird ruhiger.
Worms – wir passieren Km 444 und sind 87km unterwegs. Es gibt noch keine Klagen. Bei Rhein-km 450 überholen wir WaWa zum 2. Mal. Der Mann macht keine Pause. Kurz darauf bei Rhein-Km 457 sind die ersten 100km zurückgelegt. Wir sind 7 ½ Stunden unterwegs. In der Zwischenzeit nimmt der Wind immer weiter zu. Bei Rhein-Km 483 haben wir gefühlt das Maximum erreicht. In der halben Stunde schaffen wir gerade mal 4-5km, trotz Strömung. Wir sehen immer mehr Boote am Ufer liegen. Wie sich später herausstellt wurde aufgehört oder Defekte am Boot repariert. Durch das Fahren unter Land gab es die eine oder andere Bodenberührung. Für den nächsten Wechsel legen wir an einem Strand an und haben im Anschluß Mühe wieder vom Ufer wegzukommen. Der Wind drückt uns unablässig wieder ans Ufer. Die Klebestreifen an den Auslegern bewähren sich, dennoch rollt die eine oder andere Welle ins Boot. Nach zwei 2km wechseln wir die Uferseite und es wird besser. Dies hält leider nicht lange an und durch Mainz durch bis zum Abzweig zur Mainzer Rudergesellschafft haben wir extremes Kappelwasser und sehr viel Schiffsverkehr. Nach insgesamt 12 Stunden und 30 min. legen wir am Steg an. Es ist 18:00 Uhr. Nur 4 Boote sind bisher angekommen und weiter gerudert. Bis Bingen sind es weitere 26km oder ca. 2 ½ Stunden. Zeitlich würde es reichen doch der Wind hat uns gebändigt. Hinter uns liegen 146km. Die Fahrzeit betrug 11 Stunden und 50min. und dies ergibt ein Stundenmittel von 12,4 km/h.
Zur Belohnung gibt es am Steg noch ein Radler und aufmunterte Worte vom Organisator für die Leistung. Danach wird das Boot versorgt und es geht zum Essen. Es gibt Chili con Carne satt aus einem riesigen Topf. Nach und nach treffen weitere Boote ein bzw. Busse bringen die Teilnehmer die vorzeitig abgebrochen haben. Gegen 19:15 Uhr kommt WaWa an - 146km ohne Landgang und Wechsel. Die Sieger kamen bis Sankt Goar und schafften die 200km. Gegen 23:30 Uhr fährt uns der Bus nach Karlsruhe zurück. Bodo bringt uns dann noch super nach Esslingen. Um 3:30 Uhr fallen wir hundemüde ins Bett. 24 Stunden – ein Tag voller Erlebnisse liegt hinter uns.
Bericht und Bilder: Frank Maschkiwitz