48. Trimmfahrt 2023
Die 48. Trimmfahrt des Rudervereins Esslingen (RVE) sollte ursprünglich auf die Loire gehen. Aufgrund der Niedrigwasserstände der Loire entschied die Fahrtenleitung kurzfristig, die Donau zu rudern. Da verschiedene Abschnitte der Donau im Laufe der fast ein halbes Jahrhundert alten Trimmfahrtentradition des RVE bereits mehrfach befahren wurden, wurde eine landschaftlich abwechslungsreiche Strecke gewählt: Donau von Grein (Österreich) bis Bratislava (Slowakische Republik), dort Umsetzen auf die Mosoni-Donau (Ungarn), bis zu deren Mündung in die Donau südöstlich von Györ und dann noch eine Halbtagesetappe donauabwärts bis Komárno/Komárom (Slowakische Republik / Ungarn). Die Unterlagen zur Fahrt hatte die Fahrtenleitung vorab in die Cloud mit Bildern des RVE eingestellt.
Da gleich am ersten Tag der Wanderfahrt (Samstag) in abendlicher Runde über ob und wie des Genderns diskutiert wurde, habe ich mich als Berichtender zu Folgendem entschlossen: der Einfachheit und Verständlichkeit halber wird für Personenbezeichnungen die männliche Form gewählt – gemeint sind ausdrücklich alle Geschlechter!
Teilnehmer
Achim, Albrecht, Bernhard, Christian, Doris, Elke, Frank, Hans-Jürgen, Ralf Sty., Ralf Stü., Steffi
Wir durften 2 neue Trimmfahrtenteilnehmer willkommen heißen. Die Aufgaben wurden in bewährter Weise vorab verteilt. Neu war, dass Veganer unter den Fahrtenteilnehmern waren – die daraus resultierende Küche (zusätzliche Gerichte bzw. Abwandlungen der Fleischgerichte) ergab sich als problemlos – unser vegan essender Mitkoch erwies sich als exzellenter Koch auch für Fleischgerichte!
Zeit und Wetter
Wir reisten in der letzten Sommerferienwoche von Sa., 02. bis Sa., 09.September 2023. Die ganze Fahrt über hatten wir „schönstes Wetter“, strahlendblauer Himmel und Sonne satt, lediglich am Montag, 04.September, war es zeitweise bewölkt (ideales Ruderwetter) – Regenzeug brauchten wir keines – dafür umso mehr Sonnencreme.
Ausrüstung
2 gesteuerte Vierer, „Engel“ und „Helene Biedenbach“, 2 zerlegbare Bootswagen.
2 gemietete Fahrzeuge (1 Sprinter, 1 Pkw-Kombi, Bootsanhänger und Küchenanhänger, Zelte, ….).
Fahrtenverlauf
Am Freitag, 01. September, wurden das Material, die Zelte und die Boote verladen. Am Samstag fuhren wir gegen 05:30 Uhr von Esslingen ab. Wir kamen gegen Mittag an unserem Startpunkt in Grein an, riggerten die Boote auf und starteten nach einem Vesper.
Ruderstrecke
Tag |
Start |
Mittag |
Ziel |
Ruder-km |
Staustufe km |
Übernachtung |
Sa 02.09 |
Fahrt Esslingen - Grein |
Grein, Yachthafen Km 2079 |
Pöchlarn Hafen |
33 |
Ybbs-Persenbeug km 2060 |
CP Naturfreunde-haus Pöchlarn |
So 03.09 |
PöchlarnHafen km 2046 |
Steiner Ruderclub |
Staustufe Altenwörth |
66 |
Melk km 2038 |
CP Zwentendorf |
Mo 04.09. |
Staustufe Altenwörthkm 1980 |
Hafen St. Andrä-Wördern |
Wien RV Donauhort |
46 |
Greifensteinkm 1949 |
Wien RV Donauhort |
Di 05.09 |
Wien RV Donauhort km 1934 |
Orth |
Bratislava RC Slovensky km 1869, |
64 |
Schleuse Wien-Nußdorf km 1933 |
CP Aranykárász |
Mi 06.09 |
MosoniDonau |
Wehr Mosonmagyaróvár km 83 |
Kimle-Novákpusztakm 58 |
60 |
Wehr Mosonmagya-róvár km 83 |
CP Kimle- Novákpuszta(Ungarn) |
Do 07.09 |
Kimle-Novákpusztakm 58 |
CP Dunaszentpál km 41 |
Schleuse Vének Mosoni-Donau km 0 |
56 |
Schleuse VénekMosoni-Donau km 0 |
CP Kimle-Novákpuszta(Ungarn) |
Fr 08.09 |
Schleuse Vének |
Komárno (SR) km 1770 |
Komárno (SR) km 1770 Boote verladen für die Rückfahrt |
25 |
|
CP Naturfreunde-haus Pöchlarn |
Die Rückfahrt nach Esslingen haben wir aufgrund der Strecke auf 1,5 Tage verteilt: Am Freitagnachmittag nach dem Abriggern und Verladen der Boote und Vesper fuhren wir zurück bis Pöchlarn zu unserem ersten Quartier, übernachteten und fuhren Samstag zurück nach Esslingen. Dank der nicht ganz so langen Strecke und – gemessen am Schulferienende in Süddeutschland eher ruhigen Autobahnverkehr - kamen wir am frühen Nachmittag in Esslingen an, reinigten und verräumten Boote und Material und bauten die Zelte zum Trocknen auf
Rudern, Schleusen, Schiffsverkehr
Bei 11 Teilnehmern und 2 mitzuziehenden Fahrzeugen blieb im Boot „Engel“ ein Ruderplatz unbesetzt. Gerudert wurden beide Boote in ständigem Sichtkontakt.
Die Donau und die Mosoni-Donau hatten aufgrund der vorangegangenen Regenfälle eine gute Strömung, die erst im Unterlauf der Mosoni-Donau und auf der Donau ab der Mündung der Mosoni-Donau bis Komárno geringer wurde. Die Strömung half uns, die ca. 350 Ruder-km gut zu bewältigen und erlaubte auch ein Vorwärtskommen während manch längerer Ruderpause auf dem Wasser. Die magische Anziehungskraft von Bojen auf Ruderboote war bei der Strömung besonders stark – weshalb wir auf gebührenden Abstand achteten!
Was uns die Strömung an Zeitgewinn bescherte, kostete uns das Umtragen der Boote an den Staustufen: Einzig die die Schleuse Wien-Nußdorf von der Donau in den Donaukanal durch Wien haben wir durchfahren. Um alle anderen Staustufen/Schleusen haben wir unsere Boote händisch und per Bootswagen umgesetzt, was häufig mühsam und zeitraubend war:
- Bei der Schleuse Ybbs-Persenbeug war der Einstieg ins Unterwasser schwierig.
- Bei der Schleuse Melk benötigten wir fürs Umsetzen 2 (!) Stunden, weil wir zunächst eine geeignete Stelle zum Einsetzen der Boote suchen mussten. Die Rampe schien uns zunächst nicht geeignet, da sie nach dem ablaufenden Hochwasser mächtig mit abgesetztem Schlick bedeckt war. Letztlich mussten wir die Rampe doch nehmen, weil keine geeignetere Stelle verfügbar war: zu steil, zu steinig, zu bewachsen, ebenfalls verschlickt. Also wateten wir barfuß durch kniehohen Schlick – ich und meine Mitruderer stehen zwar einer Wattwanderung zur Haut- und Muskelpflege durchaus positiv gegenüber, aber die Begleitumstände waren doch eher unattraktiv: das Gewicht des Bootes in den Händen, mussten wir schauen, dass wir weder ausrutschten noch in nicht sichtbare Glas-/Metallteile traten. Wir hatten Glück!
- Deshalb haben wir die Etappe auch an der Staustufe Altenwörth beendet und kamen spät in Zwentendorf am Campingplatz an. Der Landdienst sollte indes in der Nähe von Zwentendorf eine geeignete Anlegestelle für die Boote finden – fand er nicht: die hart mit Schroppen verbauten Ufer der Donau sind ungeeignet, den Donaustrand von Zwentendorf erklärten uns zwei befragte Jugendliche für ungeeignet und so blieb nur der Hafen des Bootsclubs Zwentendorf in Kleinschönbichl. Aufgrund des Etappenendes an der Staustufe Altenwörth brauchten wir diesen Platz nicht mehr – später stellte sich im Vorbeirudern heraus, dass der Donaustrand von Zwentendorf durchaus der einzige und gut geeignete Ort zum Boote anlanden gewesen wäre ………
- auch das Einsetzen im Unterwasser der Staustufe Altenwörth war wiederum nicht einfach, s. o.
- Dasselbe galt für das Umfahren der Staustufe Greifenstein: Boote ausheben, in Altarm einsetzen, 2 km rudern –das Panorama um die Burg Greifenstein gleicht die Mühen aus – Boote ausheben und wieder an einer verschlickten Rampe in die Donau einsetzen, s. o..
Nach der Ankunft im - den meisten Teilnehmern bekannten - Ruderverein Donauhort in Wien fanden wir abends Zeit, die Bootseinbauten vom eingetragenen Schlick (trotz Fußwäsche vor Einstieg ins Boot!) frei zu putzen.
Wir passierten früh die Schleuse Wien-Nußdorf (Schleuse öffnet für Ruderboote um 9 Uhr) in den 14 km langen Donaukanal, um der Ausflugsschifffahrt zuvorzukommen.
Vor Allem zwischen Pöchlarn und Bratislava hatten wir häufig Schiffsverkehr (Kreuzfahrtschiffe in hoher Dichte, Frachtschifffahrt und zwischen Orth und Bratislava ein Tragflügelboot), dessen hohe Wellen wir nicht immer durchrudern konnten.
Ab Bratislava RC Slovensky Landtransport der Boote bis zum Campingplatz Aranykárász in Rajka, dort auch Einsatzstelle in die Mosoni-Donau.Die Mosoni-Donau ist ein Nebenfluß der Donau, der oberhalb des Stausees Gabčíkovo abzweigt und mündet ca. 15 km unterhalb von Gyõr wieder in die Donau. Seit ca. einem Jahr ist an der Mündung die Staustufe und Schleuse Vének in Betrieb.Bis Györ ist die Mosoni-Donau ein stark mäandrierender Flachlandfluss, im Oberlauf eng und strömt stark. Landschaftlich eine Auenwildnis, hat sie viele Hindernisse z. B. umgestürzte Bäume. Steffi meisterte als erstmalige Trimmfahrtteilnehmerin das Steuern hier mit Bravour!Am Wehr Mosonmagyaróvár bei km 83 der Mosoni-Donau wurde das Umtragen dadurch erschwert, dass die Bootswagen (ausnahmsweise) nicht in den Booten waren, sondern beim Landdienst verblieben – der musste dann – gerade auf dem Campingplatz angekommen – zurück zu den Booten zu Hilfe eilen.
Unterhalb von Györ wird die Mosoni-Donau dann breiter und die Strömung weniger. An der Schleuse Vének setzten wir die Boote für die letzte halbtägige Etappe bis Komárno um. Allerdings hatte der Steuermann beim Anlegen an der Rampe vor dem Wehr Probleme, weil (gefühlt) an der Rampe die Strömung plötzlich stark zunahm.
Die letzte Donauetappe bis Komárno war die Donau eher ein großer, träger Strom, breit und flacher zum Ufer hin mit Kiesstränden und mit gelegentlich unergründlichen Wechseln der Fahrrinne.
Übernachtungen, Mittagspausen, Verpflegung, Geselliges
Im Naturfreundehaus Pöchlarn konnten wir dank einer sehr freundlichen Gastgeberin die Küche mitbenutzen, was gegenüber unserer Feldküche – so vollständig sie auch ist – eine gewisse Erleichterung darstellte.
Am Dienstag hatten wir zur Mittagspause in Orth an Humers Uferhaus (Restaurant) an einem Steg eines kleinen Bootshafens angelegt – der Landdienst hatte dafür die Erlaubnis bei einer am Steg beschäftigten Person eingeholt. Das Fahrzeug mit Küchenanhänger war auf dem Parkplatz zwischen Humers Uferhaus und dem Fähranleger Orth/Donau abgestellt. Überraschend und rüde verwies uns der Restaurantbesitzer des Platzes. So empfiehlt man sich!!!.
Die beiden ungarischen Campingplätze waren landschaftlich schön, die Sanitärcontainer (Waschen, Duschen, WC) jedoch „rustikal“.
Am Campingplatz in Rajka fiel spätabends plötzlich das Wasser komplett aus; der herbeigerufene Sohn der Verwalterin brachte das zwar nach einer halben Stunde wieder in Ordnung – unserem Mitruderer, der eingeseift unter der Dusche ohne Wasser stand oder Toilettenbenutzern hat das im Moment aber nicht geholfen.
Beim Campingplatz „Kompasz“ in Kimle-Novákpuszta konnten wir die Zelte sehr nah am Wasser aufbauen. Deshalb fürchteten wir die Stechmücken – „Willkommen im Land der Schnaken“, so einer unserer erfahrenen Mitruderer – zum Glück hat sich die Stechmückenplage auf die Dämmerungszeit beschränkt, nachts hatten wir Ruhe.
In Österreich gab es in Bäckereien noch große Laibe sehr guten Roggen-Sauerteigbrotes mit Anis/Kümmel zu kaufen; die Frühstücksbrötchen und -stangen hatten trotz des knusprigen Aussehens einen eher zäh-weichen Charakter. Dies setzte sich in Ungarn fort, dort wurde auch das Brot den Brötchen ähnlich.
Um den Zeitplan nicht allzu sehr zu gefährden, bekam der eine Ralf auf seine Nachfrage beim Frühstück nach Butter aufs Brot vom anderen Ralf nach einer Pause die Gegenfrage: „Brauchst Du die Butter noch?“
Nach dem Abendessen wurde Rückschau auf den Tag gehalten, an Erlebnisse vergangener Wanderfahrten erinnert, Erfahrungen ausgetauscht, mancher Reim gedichtet und zum Schluss noch Geschäft auf Gegenseitigkeit eingegangen („Wenn die Ruderer …. , dann …..“). Am Donnerstag gönnten wir uns im Restaurant des Campingplatzes Kimle- Novákpuszta eine Pizza, die sehr gut zubereitet war – unsere beiden Trimmfahrten-Neulinge spendierten zum Einstand den Wein dazu – herzlichen Dank dafür!
Orte und Landschaften
Den meisten Fahrtenteilnehmern waren aus früheren Wanderfahrten die besonderen Orte bekannt: das Strudengau, Melk mit der barocken Benediktinerabtei als "Tor zur Wachau", Spitz, Weißenkirchen, Dürnstein (gemeinsam mit der Wachau UNESCO-Weltkulturerbe), Krems, die Stadt Tulln, ab der die Donau eher industriell geprägt ist, Wien, die Durchfahrt auf dem Donaukanal durch Wien, der Nationalpark Donau-Auen zwischen Wien und Bratislava (die letzte große, weitgehend intakte Flussauenlandschaft Österreichs) und Hainburg, zuletzt die Mosoni-Donau und Györ.
Obwohl ich selbst bereits eine Teilstrecke dieser Wanderfahrt mitruderte (2015, bis Wien), war ich von den unterschiedlichen Landschaften, die die Donau durchfließt und prägt, so begeistert, dass ich erst nach Fahrtenende recherchiert habe - es ist eine Zeitreise durch die Erdgeschichte.
Schluss
Eine gelungene Wanderfahrt, die Lust auf weiteren Urlaub in der einen oder anderen der durchruderten Landschaften macht. Nach der Wanderfahrt ist vor der Wanderfahrt – die RVE-Ruderer sind auf das Jahr 2024 gespannt – vielleicht hat die Loire doch einmal genügend Wasserführung?
Bericht: Ralf Stürner
Fotos: Albrecht Hannig, Christian Middel, Elke Maschkiwitz, Ralf Stybalkowski