Die 24 Stunden von Esslingen bis Mannheim
Ein Mal im Jahr werden die 26 Schleusen von Esslingen bis Mannheim zu einer Herausforderung. Gilt es doch diese so schnell wie möglich zu überwinden, mit Schleusen oder Umtragen. Vorgabe ist die 196 km von Esslingen bis Mannheim in 24 Stunden zurückzulegen. Am Samstag 29.09.2018 war es wieder soweit und pünktlich um 7:00 Uhr machten sich 2 Frauen und 5 Männer mit dem Boot E. Engel auf den Weg zum Kilometer "0". Kurz nach der Pliensaubrücke kletterte die Sonne über den Pliensauturm und strahlte in voller Größe auf den Neckar. Bis zur Schleuse in Hofen sind es lediglich 19 km jedoch sind bis dort hin schon 5 Schleusen zu überwinden. Diese Schleusen werden alle von Untertürkheim aus gesteuert. So waren wir nach 3 Stunden mit dem Schleusenwärter beinahe schon auf per "Du".
In Hofen gesellten sich zwei gesteuerte Doppelzweier mit Ruderern aus Hannover und Hildesheim hinzu. Nach ein bisschen Small-Talk, woher, wohin und wie geht es sonst so, ging es gemeinsam bis nach Aldingen. Dort angekommen wurde noch gemeinsam geschleust, danach riss der Kontakt ab. Das Ziel der Boote war Marbach wogegen wir noch bis Lauffen "mussten". In Marbach galt es nach der Schleusenausfahrt noch ca. 150m auf der Regattastrecke und durchs Ziel zu kommen. Mit "Ess-lin-gen, Ess-lin-gen" und einer kurzen Verwarnung des Schiedsrichterbootes ging es durchs Ziel.
Die Strecke von Marbach bis Besigheim führt durch eine wunderschöne Landschaft mit Weinbergen und farbigem Laubwald. In Besigheim angekommen rüsteten wir uns für die Abschlussetappe. Es sind noch 11km bis Lauffen und dem Endpunkt des ersten Tages. Auf den letzten 800m gelang es die Mannschaft noch zu einem kleinen Schlussspurt zu motivieren. Nach 09:43 Stunden und 70 Kilometern freuten sich alle auf ein kühles Bier oder Radler am Bootshaus und das Essen im "Dächle". Der Absacker nach dem üppigen Essen wurde im Aufenthaltsraum getrunken. Um 22:00 Uhr hieß es dann "Licht aus" und schlafen. Am nächsten Morgen ist um 06:00 Uhr aufstehen angesagt. Die Nacht wurde zwei Mal durch übermotivierte Jugendliche unterbrochen, die meinten Lauthals irgendwelche Informationen auszutauschen.
Sonntag 30.09.2018 und wieder scheint die Sonne von einem blauen Himmel herab. Leichter Nebel steigt vom Wasser auf - das andere Ufer ist zu sehen. Das war in den letzten Jahren nicht oft der Fall. Immer die Zeit im Hinterkopf ging es durch Heilbronn bis zur Schleuse in Kochendorf. Hier gibt es keine Umtragemöglichkeit und dies kann sich entscheidend auf den weiteren Verlauf der Tour auswirken. Dieses Jahr hatten wir Glück. Eine sehr junge Schleusenwärterin brachte uns sicher ins Unterwasser. Da wir der Aufforderung, eine Treppe weiter weg vom Untertor" anzulegen nicht Folge leisteten verabschiedete Sie sich mit den Worten "Das hätte schneller gehen können. Sie wünscht uns dennoch eine schöne Fahrt". Wir nahmen es gelassen hin und dachten an die Schleusungen auf dem Weg nach Plochingen und zurück.
Ab Bad Wimpfen werden die Kilometertafeln 2-stellig und der Odenwald rückt näher. Die Schleuse Rockenau bei Kilometer 61,4 ist die letzte Schleuse des Tages. Es ist 15:55 Uhr und alle Lampen an der Schleuse sind schon aus. Der Anruf beim Schleusenwärter geht ins Leere.
An Sonntagen ist nur bis 16:00 Uhr Betrieb und da sich wohl kein Frachter mehr angemeldet hat ist halt auch schon mal früher Schluss. Also Umtragen und danach die letzten 13km bis Hirschhorn in Angriff nehmen. Vorbei an Eberbach und der Empacher Bootswerft erreichen wir den Teil des Neckars der an Hessen grenzt. Der Neckar wird in diesem Teilstück durch die bewaldeten Hänge von der Sonne nicht mehr komplett erreicht. Dann wird es schlagartig etwas kälter und vor allem dunkler. Wie wenn jemand das Licht ausschaltet. Vor Hirschhorn wird eine 180°-Schleife durchfahren und der Endspurt zur Schleuse beginnt. Mit 78 Kilometern ist dies die längste Tagesetappe.
In der Zwischenzeit hat der Landdienst das Gepäck in Eberbach ausgeladen und bestenfalls schon die Feldbetten aufgestellt. Die Fahrt von der Rudergesellschaft in Eberbach zur Schleuse dauert ca. 15min. Da muss sich der Landdienst schon ranhalten um rechtzeitig da zu sein.
Nach dem Essen im "Grüner Baum" sitzen wir noch gemütlich in der Bootshalle beisammen und lassen die letzten beiden Tage Revue passieren. Das Wetter war optimal, die Schleusen haben uns etwas aufgehalten, so weit so gut. Für den dritten Tag bleiben uns noch 5 Stunden und 10 Minuten. Das wird eng. Zur Stärkung gibt es daher Erdnüsse und als Absacker einen Haselnussschnaps.
Pünktlich um 06:05 Uhr geht der Wecker an. Das Licht im Kraftraum mit Blick auf den Neckar geht an. Draußen ist es noch dunkel und dennoch fährt schon der erste Frachter talwärts an uns vorbei. Heute hat der Morgen-Landdienst etwas Stress. Die Besatzung wird zur Schleuse Hirschhorn gefahren. Dann wieder zurück und das Gepäck einladen und weiter zur Schleuse in Neckarsteinach. Zum Rudern sind das nur 8 Kilometer.
Es ist sehr bewölkt und der Wind frischt aus nordöstlicher Richtung immer mehr auf. Das bedeutet Gegenwind und Wellen in Heidelberg. Nach der Umtragestelle in Heidelberg kämpfen wir um gegen den Wind voran zu kommen. Die Wellen haben beinahe Schaumkronen und das Rudern macht nicht so wirklich Spaß.
Endlich am Schleusenkanal angekommen ist der Gegenwind nicht mehr so stark. Dafür kommt uns ein Flusskreuzfahrtschiff entgegen und der Kanal ist "umgepflügt". Zu guter letzt schaffen wir es nicht das Bauschiff, welches uns seit der Schleuse verfolgt zu halten. Knapp zwei Kilometer vor der Umtragestelle werden wir überholt und die Wellen gehen über die Spundwand hinaus. Das war's dann mit der Zeit. Auf den letzten 20 Kilometern ist das nicht mehr aufzuholen.
Wir lassen die Köpfe nicht hängen und rudern fleißig weiter bis Feudenheim. Hier setzen wir vom Schleusenkanal in den "Alten Neckar" um. Im Gegensatz zum letzten Jahr fehlen hier mindestens 50cm an Wasserhöhe! Das einsetzten des Bootes funktioniert unter Beobachtung eines freundlichen Anglers wunderbar und die letzten 8 Kilometer werden in Angriff genommen.
Am Kilometer "0" wird das Boot mit den Klängen von "We are the Champions" empfangen.
Bericht Frank Maschkiwitz
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