Neckarpokal 2017
Neckarpokal 2017 (6. - 8. Okt.) – aus Sicht eines Erst-Täters
Wie in den Jahren zuvor, wollte sich auch 2017 wieder das eingespielte Team Elke Maschkiwitz, Frank Maschkiwitz, Ralf Stürner, Jakoba Vondey, Albrecht Hannig und Hans-Jürgen Eberhardt mit dem Vierer „Helene Biedenbach“ den Herausforderungen und dem Reglement des Neckarpokals stellen. Doch dieses Jahr hatte sich Hartmut Dieterich, ein Gast vom Ulmer Ruderclub „Donau“ dazu gesellt, der im Vorfeld vom Erlebnis dieser etwas anderen Art einer Wanderfahrt gehört hatte und ohne genau zu wissen, auf was er sich da einließ, beschloss, dass er das auch mal gerne ausprobieren wollte.
Das Abenteuer begann für den Chronisten am Vorabend schon ungewohntermaßen damit, dass nichts auf den Bootshänger verladen wurde, sondern nur das Boot mit allem notwendigen Zubehör ruderfertig(!) auf den Bootswagen platziert und der Proviant für die kommenden drei Rudertage hergerichtet wurde. Elke und Frank hatten dankenswerterweise Tage zuvor bereits den Bootsanhänger am Zielort platziert, so dass dem Landdienst für die kommenden drei Tage diese unangenehme Aufgabe abgenommen wurde.
Aber auch am nächsten Morgen ging‘s aus Sicht eines Neckarpokal-Neulings unkonventionell weiter: Das Beladen des Landdienstfahrzeugs – auch dieses Jahr wieder ein neunsitziger Mietwagen von Stadtmobil – war noch wie sonst bei einer „normalen“ Wanderfahrt, aber der „eigentliche“ Beginn der Wanderfahrt zeigte schnell, dass es sich hier nicht um eine erholsame Sightseing-Tour handeln würde, sondern gemäß dem Motto „Bis zum Neckarkilometer 0 in weniger als 24 Stunden“ zählte jede Minute: Nachdem Frank das offizielle Startkommando gegeben, d.h. sein GPS-Gerät gestartet hatte, wurden denn auch die ersten beiden Schleusen einfach umfahren und erst danach im Unterwasser der Schleuse Esslingen eingesetzt – schließlich steht bei „Wanderruderfahrt“ ja auch das Wörtchen „Wander“ am Anfang.
Beim Ablegen in Esslingen war der Himmel noch wolkenverhangen, aber die Temperaturen der Jahres- und Tageszeit entsprechend moderat. Wer rudern durfte, kam gerade auf Wohlfühltemperatur und für die Steuerfrau bzw. den Steuermann gab‘s den bewährten Kälteschutzanzug aus Motorradbekleidung mit der obligatorischen Rettungsweste und den optionalen Handschuhen.
Schon am Vorabend war ich von Franks ausgefeilten Planung und der Routine des Teams beeindruckt, nun aber zeigte sich bei jeder Schleuse die wahre Tragweite der minutiösen – eigentlich korrekterweise „sekundiösen“ - Planung der einzelnen Etappen und Mannschaftswechsel. Zu jeder Stelle war klar, ob wir noch im Zeitplan liegen oder ob wir noch etwas zulegen mussten. Und so war schnell klar, dass an der Schleuse Cannstatt das eingeplante Zeitbudget überschritten wurde.
So ging‘s dann weiter durch den zunehmend landschaftlich schöneren Teil des Neckartals bis zur Schleuse Marbach, wo wir wenige Meter vor dem Anlegen durch einen kurzen, aber kräftigen Schauer empfangen wurde, der, kaum hatten wir festen Boden unter den Füßen, seine unfreundliche Begrüßung beendet hatte.
Auf dem Rest der ersten Tagesetappe bis Lauffen gab‘s vereinzelt sonnige Momente, aber ebenfalls wiederum kurz vor Erreichen des „rettenden Ufers“ am Lauffener Ruderclub mussten wir einige Minuten nochmals einen heftigen Schauer über uns ergehen lassen. („Irgendwo“ auf diesem Teilstück opferte Jakoba den wetterfest eingeschweißten Marschplan, um die Wettergötter gnädig zu stimmen, so dass der Landdienst, der sein Exemplar ans Boot abtreten musste, nur noch in groben Zeitangaben die Ankunft der Boots an der Schleuse schätzen konnte.)
Ungeachtet unseres Zustandes wurden wir von bereits wartenden Mitgliedern des Ruderclubs herzlich empfangen. Nach dem Versorgen des Bootmaterials kamen unsere durchnässten Klamotten dran. Da keiner von uns damit gerechnet hatte, dass an diesem Tag noch von den Einheimischen gerudert werden würde, hatten wir unsere Kleider an den Auslegern des Achters zum Abtropfen aufgehängt. Aber wenige Minuten später kam die Sonne wieder raus und die ersten Lauffener Ruderer erschienen. Zum Glück wollten sie nicht ihren Achter rudern, sondern wichen auf andere Boote aus, die nicht von uns als Kleiderhaken missbraucht wurden.
Nach dem Herrichten des Nachtlagers in der Boothalle und dem Feinmachen ging‘s in die bekannte Lauffener Lokalität namens „Dächle“, die speziell für ihre tellerfüllenden Schnitzelportionen bekannt ist. Ein paar „Absacker“ in den Räumlichkeiten des Clubs beendete den ersten Rudertag.
Der nächste Morgen zeigte sich wieder von seiner regnerischen Seite, wie auch der weitere Tag unter diesem Motto stand. Dafür entschädigt der landschaftlich schöne Abschnitt des Neckars. Die Etappe Neckarzimmern – Guttenbach wäre eine von vielen gewesen, wenn sich hier nicht im Boot seltsame Geräusche bemerkbar gemacht hätten: das „pneumatische Zischen“ wurde zunächst nur als Hans-Jürgens heftige Atmung interpretiert, als plötzlich ein Knall die Monotonie durchbrach. Aber es war nicht Hans-Jürgens Lunge, die ihren Geist aufgab, sondern einer der beiden Reifen des Wagens zum Bootsumtragen war geplatzt! Einfach so, ohne Belastung oder vorherige Anzeichen – oder sollten die unerklärlichen Zischgeräusche doch Vorboten dieses unheilvollen Endes gewesen sein? Nun denn, beim Rudern störte das zwar nicht, aber es war klar, dass spätestens am nächsten Tag noch ein paar Schleusen anstanden, die man aus Zeitgründen umtragen musste. Also hatte der Landdienst die überlebenswichtige Aufgabe, in einem Baumarkt in Eberbach für einen passenden Ersatzschlauch zu sorgen, damit das Rad am Abend repariert werden konnte.
Analog zur Schleuse Cannstatt, war uns auch der Schleusenwärter in Rockenau nicht gewogen: nachdem der bergfahrende Frachter schon lange die Schleuse verlassen hatte, wollte er minutenlang nicht auf Grün umschalten – ganz im Gegensatz zur Schleuse Gundelsheim, an der der Schleusenwärter schon umschaltete, als der Frachter noch nicht einmal die Schleusenkammer vollständig verlassen hatte.
Wie schon in den Jahren zuvor, war der „grüne Baum“ in Eberbach wieder das Ziel, um mit gebührender Ruhe und Muße die verbrauchten Kalorien aufzufüllen. Im Gegensatz zum „Dächle“ sticht diese griechische Gastronomie nicht durch besonders reichhaltiges oder Fünf-Sterne-Essen hervor – satt wurden wir aber trotzdem. Ihr Markenzeichen sind dafür die elektrischen Kerzen, die anfangs noch die gesamte Farbpalette durchwechselten, dann aber vom Wirt per Fernbedienung auf Dauer-Weiß eingestellt wurde mit der Begründung, dass speziell flackerndes „Rotlicht“ nach außen hin falsche Signale senden könnte.
Der letzte Tag knüpfte wettermäßig wieder an den ersten an, so dass dieser Aspekt doch eher positiv in Erinnerung bleiben sollte. Bekanntermaßen ist der Abschlusstag von einigen nicht ganz einfachen Umtragestellen gekennzeichnet („Feudenheim“!), so dass sich die nächtliche Radreparatur gelohnt hatte.
Traditionell endete der Neckarpokal mit dem Schlussspurt auf Kilometer 0 hin und der anschließenden Fotosession, die von Jakoba wieder choreographisch zu einem der Highlights der Fahrt inszeniert wurde. Abriggern und eine kleine Stärkung im Stehen rundeten die Wanderfahrt ab, bevor es – bei wieder einsetzendem Regen – Richtung Esslingen ging.
Fazit: Fast alles hat gemäß Franks ausgezeichneter Planung funktioniert (Wetter war nicht Bestandteil seiner Excel-Dissertation) und die diesjährige Zeit von 23:27 hat noch Potenzial für unter 23 Stunden, wenn man an den Schleusen noch die ein oder andere Minute gutmachen kann, z.B. durch Umtragen statt Schleusen, denn nach Aussage der alten Hasen war der diesjährigen Anteil des Schleusens überdurchschnittlich hoch. Für mich waren es drei schöne Rudertage als kleines Rädchen in einem perfekt funktionierenden Uhrwerk und darum ein ganz herzliches Dankeschön an das eingespielte Sextett.
ViSdP: Hartmut
Zwei Anmerkungen im Nachgang:
- Am darauf folgenden Wochenende gab‘s schönstes Herbstwetter pur!
- Da ich mich mit Elke auf (fast?) allen Etappen auf dem Schlagplatz abwechseln durfte, frage ich mich noch heute, warum ist Platz 4 so unbeliebt?
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